Vorwort von Günter Rückert
Bevor ich untersuche, was Satire kann und was sie darf, vielleicht auch will, soll und vor allem muss, stelle ich zunächst die Frage: Was tut Satire? Sie nutzt alle Mittel der Übertreibung, des Absurden, des Witzes, Humors, Gespötts und des Komischen, um der Wirklichkeit und ihren Erscheinungen den Spiegel der Erkenntnis im Reich des Lächerlichen und Lachens vorzuhalten. Sie ist die fiese Stechmücke am Hintern der Mächtigen und Selbstzufriedenen. Sie entlarvt alle Formen von Ignoranz, Unterdrückung, Verlogenheit und Anmaßung in allen gesellschaftlichen, relevanten Bereichen, von der großen Politik bis zu den kleinen Stolperfallen des Alltags. Satire ist nicht die Wirklichkeit, sie ist die kratzende Drahtbürste auf ihrer allzu glatten Haut. Satire ist nicht der Retter der Menschheit, schaut aber genau hin, wenn er auftaucht. Satire ist nicht das Rezept gegen Folter und Krieg, aber der Stachel im Fleisch der Diktatoren und ihrer Handlanger. All das kann sie, darf sie, will sie und muss sie. Und wir brauchen sie! Wir brauchen sie dringend in diesen Zeiten der Verunsicherung und vielseitigen Bedrohungen. Wir brauchen sie als Anker im Meer der Lügen, Halbwahrheiten und Täuschungen. Sie sortiert den Ernst des Lebens mit ihrer unbändigen Lust an der Verballhornung und des Spottes. Als ich einmal das Glück hatte, dem großen Dieter Hildebrandt zu begegnen, sagte er mir zum diesem Thema folgendes: Kabarett geht nicht ohne Komik, und Komik geht nicht ohne Kabarett. Und da kommen für mich noch weitere Begriffe ins Spiel: Das Alberne, der Nonsens, das Schräge und 7 Skurrile, all die Mittel, mit denen jeder Zirkusclown arbeitet. Und hinter jedem guten Witz steckt ein Drama der menschlichen Existenz. All das ist in den Beiträgen dieses Buches zu erleben und genießen.